Mein Vater ging jeden Sonntag „fliegen“. Dazu kletterte er nicht etwa in
ein Flug-zeug, sondern er rannte mit verblüffender Geschwindigkeit über
eine möglichst ab-schüssige Wiese und beugte dabei den Arm wie ein
Speerwerfer über seinen Kopf nach hinten. Bei vollem Tempo warf er den
Gegenstand, den er in der Hand hielt, in die Luft. Wenn alles gut ging,
gewann dieses Objekt – ein selbst gebasteltes Modellflugzeug – immer
mehr an Höhe (manchmal so sehr, dass er es später nicht mehr wieder-
fand). Ich erinnere mich noch gut an das sirrende Motorengeräusch und
an manche Tage, an denen wieder einmal ein Flugzeug irgendwo in einem
Baum hängen geblieben war. Sobald mein Vater nach dem „Fliegen“ ins
heimatliche Biedenkopf zurückgekehrt war, ver-schwand er regelmäßig für
Stunden in seiner Werkstatt, um die Schäden des Tages zu beheben oder
an neuen Flugideen zu basteln. Der Hang zur Miniaturisierung und zur
Tüftelei, der Wunsch, eine eigene kleine Welt zu gestalten und sich darin
nach Lust und Laune zu bewegen – das hat ganz klar auf mich abgefärbt.
Vor 13 Jahren entstand daraus die Idee zu meiner Schrumpfwelt „Tilpuli“
(=Liliput), bevölkert mit 1,8 cm großen Miniaturfiguren, die normalerweise
in einer Modelleisenbahnlandschaft stehen.